Das bin nicht mehr ich
Heute traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Ich war am Ende des Tages völlig fertig und gab meinem Kügelchen die Gute Nacht Flasche. Der Tag war scheiße, aber so richtig Scheiße. Morgens rief mich die Frau Mama an, dass sie flach liegt. Durchfall vom Feinsten und so könne sie sich nicht um das Kügelchen kümmern, während ich mit dem Herrn Papa nach Münster fahren sollte. Also angefangen wild herum zu telefonieren, während das Kügelchen mir schon nervös und weinerlich am Bein hing. Der Bruder sollte ja mit, aber der bot sich dann an das Kügelchen zu behüten, während ich nach Münster fuhr. Hmm nicht optimal, da er das noch nie gemacht hat (es geht hierbei aber nicht um seine Kompetenz als Onkel, eher um Emilys Verhalten in einer ihr eigentlich fremden Umgebung ohne die ihr vertrauten und bekannten Bezugsperson) Der Bruder wollte nämlich nicht mit dem ebenfalls verseuchten Herrn Papa in Kontakt kommen, da der Bruder ja bekanntlich zwei Säuglinge zu Hause hat. Sowas muss man ja auch nicht provozieren.

Letztendlich rief ich die Schwiegermutter an, die sich auch kurzfristig freimachen konnte und wartete also ungeduldig auf ihr Eintreffen. Das Kügelchen merkte natürlich den Stress und wollte dann auch gleich das Frühstück verweigern. Kein Wunder bei der Hektik. Schwiegermutter kam, ich wies sie ein und verschwand. Kurz vorm Heulen, denn das Kügelchen war ganz verstört und weinte. (Ich hasse mich in solchen Augenblicken) Mit einer kleinen Verspätung starteten wir nach Münster. Im Laufe des Tages telefonierte ich drei Mal mit der Schwiegermutter und jedes mal, wenn das Kügelchen mitbekam, dass ich am Telefon war, fing sie an zu weinen. Das brach mir fast das Herz. Als ich dann endlich gegen 18 Uhr zu Hause war, ignorierte mich das Kind. Keine freudige Begrüßung und als ich sie fragte, ob sie mich vermisst hatte, starrte sie nur auf ihre Hände und ich hätte schon wieder heulen können. Ich weiß nicht, ob Kinder das in dem Alter schon bewusst machen, aber ich habe den Eindruck, dass das Kügelchen mich dafür "bestrafen" will, dass ich sie andauernd "im Stich" lasse. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie mit mir spielen wollte. Das Abendbrot war eine Katastrophe. Sie wollte wieder kaum was essen, machte aber beim Anblick der Flasche ein Theater ohne Ende. Sie weinte so schlimm, dass ich beinahe mitweinte. Später erzählte mir der Gatte, dass sie mittags nur 15 Minuten geschlafen hatte. Oh man. Der Gatte räumte das Haus schnell auf, putzte und machte die Küche sauber, während ich versuchte wieder Ruhe in mein kleines Mädchen zu bringen. Dazu nervten sie gleich zwei Zähne. Sie spielte noch ca. eine Stunde wild durcheinander, konnte sich auf nichts richtig konzentrieren und es gipfelte dann darin, dass sie mit ihrem Wischmop durch die obere Etage lief und immer "ba!" rief und auf alles zeigte. Boden, Wände, Betten, alles ba! Ich brauchte ziemlich lange, um sie zu beruhigen. Da läuft doch echt alles falsch im Moment. Es gibt im Moment keine Frau Ährenwort mehr, es gibt im Moment keine Familie Ährenwort, es gibt nur Stress, Ärger und Sorgen.

Selbst in meinem Blog dreht sich nichts mehr um mich. Das hier sollte mein Blog sein, das hier sollte mein Leben sein, dass hier sollte ich sein. Ich bin nicht mehr ich. Seit 2003 haben wir keinen Urlaub mehr gemacht. Seit Wochen habe ich fast nichts mit meiner Tochter unternommen. Ich habe das Gefühl, dass wir im Moment keine Bindung mehr haben. Ich komme nicht an sie ran. Ich habe sogar das Gefühl, dass sie mich ablehnt, dass sie mich nicht liebt, nicht als Mutter akzeptiert. Das bricht mir das Herz. So habe ich mir das Muttersein nicht vorgestellt. So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt. Ich will das so nicht mehr. Ich will mein Leben zurück. Und das Schlimmst ist, dass ich niemanden dafür verantwortlich machen kann. Niemand ist daran Schuld, keiner kann was dafür. Die Umstände sind im Moment schwierig und ich weiß nicht wie ich etwas ändern könnte.

Ich weiß nur, dass ich mein Leben wieder haben will. Ich hoffe, dass klingt jetzt nicht egoistisch, aber ich will wieder ich sein. Ganz bald, für mich, für meinen Mann, für meine Tochter.
...bereits 856 x angeklickt

Kommentieren



evizentrum, Donnerstag, 21. April 2011, 00:59
Puh
Ganz schön harter Tobak!

Nur ein paar Gedankenfetzen von mir -

Wenn du das Gefühl hast, deine Tochter lehnt dich ab, könnte es sein dass sie dich spiegelt? Also dass sie auch das Gefühl hat du lehnst sie ab (könnte ja am heutigen Tag sogar stimmen)? Wenn du das nächste Mal das Gefühl hast, denk daran, ihr beiden LIEBT euch und natürlich lehnt sie dich gar nicht ab. Sie lehnt höchstens das Nicht-Da-Sein der Mama ab.

Und trau dich ruhig vor dem Kind zu heulen! Sag ihr dann einfach warum, dass es dir so leid tut, wenn du so lange weg von ihr sein musst. Sie versteht doch schon so viel und was sie noch nicht versteht das fühlt sie dann aber!

Ich denke ihr befindet euch schon so lange in einer Ausnahmesituation, deine ständige Krankheit, dein Vater, etc. pp. Das zehrt unglaublich. ich schrieb ja schon mal in einem Kommentar das Wort "Kur" und ich denke wirklich, es würde dir helfen, mit Emily mal komplett rauszukommen.
Andererseits wirst du natürlich auch sehr gebraucht. Du kannst wahrscheinlich gar nicht richtig abschalten und dich erholen, bevor du nicht weißt, dass sich um alles weiterhin gekümmert wird und alle in guten Händen sind.

Eine andere Möglichkeit wäre ein schöner Urlaub.

Oder hast du die Möglichkeit in deiner abendlichen Freizeit etwas in Richtung Entspannung zu tun? Yoga oder Massage oder etwas in der Richtung? So einmal in der Woche "auftanken" wäre schon mal ein Anfang.

frauaehrenwort, Donnerstag, 21. April 2011, 14:33
Ach Evi, das ist alles nicht so einfach und doch so einfach. Ich habe heute zusammen mit dem Gatten beschlossen, dass wir nur zu dritt in den Urlaub fahren und das zwei Wochen lang. Der Kater kommt in eine von der Nachbarin getestete Einrichtung mit Freigang und ich kann mich endlich erholen :-) Das ist doch mal ein Anfang, oder?

die_schottin, Donnerstag, 21. April 2011, 01:01
Es gibt immer wieder diese Zeiten. Das kommt in allen Familien so vor. Gerade wenn man arbeitet und dazu dann noch so ne Scheiße kommt, sorry, aber das ist doch so!
Fühl dich mal feste gedrückt. Und jetzt Kopf hoch und vorfreuen auf den Familienurlaub. Man muss ich manchmal Ziele setzen um durchhalten zu können.

frauaehrenwort, Donnerstag, 21. April 2011, 14:34
Das diese Zeiten Mal vorkommen weiß ich ja, aber bei uns hören sie nicht auf! Das ist doch das Schlimme! Aber Du hast recht. Ich freue mich auf den Urlaub!

die_schottin, Freitag, 22. April 2011, 00:12
Geteiltes Leid ist halbes Leid. Bei uns ist das auch so. Momentan immerhin keine Krankheiten, dafür ist unser Auto seit 6 Wochen in Reparatur. Wenn wir Glück haben ist es nächste Woche fertig - 1500 Euro.... Irgendwas ist immer. So ist das bei uns eben.

frauaehrenwort, Freitag, 22. April 2011, 01:01
Ach ja... das Auto, das steht bei uns auch seit drei Monaten in der Werkstatt. Kosten soll der Spaß auch so um die 1000 Euro.

Sag mal, sind wir bei der Geburt irgendwie getrennt worden und eigentlich sind wir Zwillinge? So viele Parallelen sind doch schon gruselig :-)

kelef, Donnerstag, 21. April 2011, 03:40
ach herrjeh.

sehen sie das einfach so: sie haben so viel zeit und geduld un herz und schmerz mit dem kind gehabt, und so soll das ja auch sein.

und sie haben dabei auch ihr eigenes leben hintangestellt, aber sie werden ihrem kind nichts gutes tun wenn sie nicht ihr eigenes leben haben und bewahren und wertschätzen.

und wenn sie in ihrem eigenen leben nicht glücklich und zufrieden sind, dann werden sie auch dem kind kein glück und keine zufriedenheit vermitteln können, sondern nur krampf und schein und talmi. und das wollen sie nicht.

also nehmen sie sich gefälligst zeit für sich selbst, und für ihren ehemann, und wenn sie dann einmal glücklich und zufrieden miteinander einen abend und eine nacht verbracht haben, oder gar ein ganzes wochenende, dann werden sie sehen um wie viel ruhiger sie mit manchen situationen umgehen können.

kinder reflektieren, so ist das nun mal, aber es ist auch so, dass kinder bei der geburt abgenabelt werden und dann anfangen, ihren eigenen weg zu gehen.

kinder sind in ihrem verhalten das ergebnis ihrer veranlagung und ihrer erfahrungen. das erleben sie gerade live und in farbe.

nehmen sie drei tage frei. das wird auch emily letztlich mehr bringen als schaden, sie müssen es ihr nur erklären, die versteht das schon: mama und papa sind müde, die müssen einmal ein paar tage schlafen. ein-zwei-drei mal ein schokokeks zum frühstück, dann sind die eltern wieder da.

funktioniert aber nur, wenn sie kein schlechtes gewissen dabei haben. das merkt kind nämlich sofort.

frauaehrenwort, Donnerstag, 21. April 2011, 14:36
Wir werden uns eines der nächsten Wochenenden ausklinken und nur machen, was wir wollen. Wegfahren, zu Hause im Bett bleiben, keine Ahnung. Wir machen wonach uns der Kopf steht und das Emilynchen kommt mit!

romylein, Donnerstag, 21. April 2011, 23:09
Alles wird gut!
Du bist einfach körperlich kaputt. Versuche einfach die nächsten zwei, drei Tage zu gleichen Zeit wie Emily schlafen zu gehen. Tue es wirklich und lasse an diesem Abend die Arbeit einfach liegen. Du wirst schon gleich am nächsten Morgen mit einer veränderten Stimmung aufwachen und die Kraft für alles unerledigte mühelos aufbringen können. Deine Kraft und Stärke wird Emily sofort spüren. Und besinne Dich einfach immer wieder daran, dass Du doch ein wundervolles Lebens führst. Deinem Vater kann vielleicht schon sehr bald wirklich geholfen werden und Emily ist gesund und liebt Dich sehr. Daran wird sich nie, nie etwas ändern. Nicht wenn Du einige Zeit gestresst bist und nicht wenn Du ein Paar Tage nicht ganz für sie da sein kannst. Sie versteht alles und verzeiht Dir alles. Aber sie hat natürlich das Recht Dir zu zeigen, dass auch sie Dich sehr braucht. Und das versucht sie dann schon mal auf diese Art in dem sie sich zurückzieht, damit Du es auch ja bemerkst. Ich kann wirklich sehr gut nachvollziehen wie Du Dich jetzt fühlst. Denke aber immer wieder daran, dass Du auch "Herr Deiner Gedanken bist" und diese selbst in die gute und richtige Richtung lenken kannst. Denkst Du negativ, dann geht es Dir schlecht und umgekehrt genau so. Du hast doch so viele Gründe um Dich gut zu fühlen und ein schönes Leben, was Du einfach nur geniessen solltes. Atme durch, entspanne und lasse all das schöne zu! Es ist eigentlich so einfach. Alles Gute dafür! Du machst das schon!

frauaehrenwort, Donnerstag, 21. April 2011, 23:18
Danke romylein, Deine Worte tun wirklich gut. Und ich werde das mit dem früh zu Bett gehen auch ab nächste Woche machen. Bei dem Osterstress geht das jetzt nicht, aber ab nächste Woche gehe ich so früh wie möglich ins Bett und schlaf mich aus. Du hast nämlich Recht, ich bin dauermüde und dann auch nicht so belastbar.

anja_asuhm, Donnerstag, 21. April 2011, 23:27
Liebe Frau Ährenwort
...bitte seien Sie egoistisch. Sie nützen niemanden, wenn Sie zusammenbrechen weder Emily noch Ihrem Mann. Sie müssen egoistisch sein, denn nur so können Sie an Ihrer Beziehung zu Ihrer Tochter arbeiten (ja das ist Arbeit) und an ihrer Beziehung zu Ihrem Mann (ja das ist auch wichtig), genauso wie die Beziehung zwischen Emily und ihrem Mann. Dieses Dreieck funktioniert aber nur, wenn sie alle drei halbswegs ausgeglichen sind.
Halten Sie durch, es kommen bessere Zeiten. Garantiert. Sie schaffen das und seien Sie - um Himmelswillen - egoistisch. Denken Sie an sich, dann denken Sie an ihre Tochter und dann denken Sie an ihren Mann.
Mein Kind ist fast am gleichen Tag zur Welt gekommen, wie Ihre Emily. Ich verfolge Ihren Blog schon lange, da Sie meistens ähnliche Probleme haben wie wir.
Genauso wie diese Phase. Halten Sie durch und nehmen Sie sich Zeit für sich. Das ist wichtig!
Alles Gute!

frauaehrenwort, Freitag, 22. April 2011, 00:58
Danke für die netten Zeilen. Das mit dem Egoismus habe ich mir irgendwann unbemerkt abgewöhnt. Keine Ahnung wann das passiert ist, aber ein wenig mehr Egoismus wäre schon gut. Da hast Du Recht!

ednong, Freitag, 22. April 2011, 17:24
Streß
Ach Frau Ährenwort,
Ihre Emi liebt Sie sicher noch.

Versuchen Sie Ihr das doch mal ein wenig zu erklären - so wie ich das mitbekomme, versteht sie doch schon reichlich. Und nehmen Sie sich mal tagsüber immer wieder Zeit für sich. Eine halbe oder ganze Stunde - die beschäftigt sich doch auch schon genug selbst.

Und verzagen Sie nicht am Negativen, hangeln Sie sich eher am Positiven lang. Und verlieren Sie das nicht aus den Augen - und im Zweifelsfall gewichten Sie mal das Positive gegen das Negative. Das relativiert dann schon einiges.

Erholen Sie sich in Ihrem geplanten Urlaub. Nehmen Sie sich auch da Zeit für sich selbst. Das ist wichtig! Dann finden Sie auch wieder Ihre Mitte und Ihr Gleichgewicht. Und alles wird gut.

Frohe Ostern - mit möglichst wenig Streß!

frauaehrenwort, Freitag, 22. April 2011, 23:49
Vielen Dank für die lieben Worte. Ja , ich beschäftige mich jetzt viel intensiver mit Emily und sie scheint es zu genießen, denn heute waren wir bei der Oma (da wo sie auch ist wenn ich arbeite) und normaler Weise bin ich dann abgeschrieben, aber heute hing sie an mir und rief immer wieder "Mama!" wenn sie mich gerade nicht sah. Das freute mich ungemein!

pienznaeschen, Freitag, 22. April 2011, 23:40
Ufffff!!! Da wahrscheinlich Spontanurlaub nicht möglich ist, musst Du nun mal ganz bewusst nur an Dich denken und das jeden Tag. Jeden Tag eine Kleinigkeit für Dich tun, sei es mit der Lütten zusammen Osterhasen backen, zum Friseure gehen, auf den Crosstrainer auspowern oder oder oder ... und das den abend vorher planen und als großes Event zelebrieren und dann gerne auch drüber berichten. So nach dem Motto ich denk jetzt nur an mich, denn wenn es mir gut geht kann ich auch für meine Lieben da sein. Schreibt sich ziemlich leicht, ist aber nicht so leicht umzusetzten, leider - muss aber als Notbremse absolut mal sein.

Und der Terrassentisch sieht so einladen aus, da muss es einfach ganz viel gemeinsame gemütliche und ausgiebige Samstags- und Sonntagsfrühstücks geben. (sonst gibt es Haue von mir;))

Alles Liebe und viel Kraft!

frauaehrenwort, Freitag, 22. April 2011, 23:50
Oh ja, das wird gemacht und der Stuhl auf der Terrasse wurde von mir heute zu einem ausgiebigen Mittagsschläfchen benutzt :-) Das tat richtig gut!